Samstag, 24. Januar 2009
 
Offener Brief: 40 Jahre israelische Besatzung PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Tina Salhi, Samuel Welber   
Montag, 11. Juni 2007

Aus Anlass des 40. Jahrestags der israelischen Besatzung palästinensischen und syrischen Landes überreichten Aktivisten der Frauen in Schwarz (Wien) und der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost (Österreich, Mitglied der Föderation der "European Jews for a Just Peace") am 6. Juni an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer den im folgenden dokumentierten Offenen Brief, in dem an sie appelliert wird, von Israel die Befolgung von UN-Resolutionen und IGH-Erkenntnissen zu fordern. Mitglieder der beiden Organisationen führten zudem auf der Ringstraße eine friedliche Mahnwache durch.

                                                                                                Wien, 06. Juni 2007

Sehr geehrte Frau Mag. Prammer,

... In diesen 40 Jahren der Besatzung hat Israel fortgesetzt Dutzende von internationalen Gesetzen und zahllose UN-Resolutionen missachtet, ebenso wie das Urteil des Internationalen Gerichtshofes gegen den Bau der "Mauer".  Israel hat in diesen 40 Jahren seiner Besatzung den Palästinensern in den von ihm besetzten Gebieten nicht nur ihre international garantierten Rechte auf ausreichend Nahrung und Wasser, auf Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung verweigert, sondern Zehntausende Palästinenser ohne
jede Entschädigung von ihrem Land vertrieben und dabei 12.000 palästinensische Häuser zerstört und mehr als eine Million Ölbäume vernichtet, es hat Tausende Palästinenser getötet und Zehntausende verwundet, weiters 650.000 Palästinenser, darunter rechtmäßig gewählte Parlamentarier und Minister, ohne Angabe von Gründen geschweige denn einer
Anklage, inhaftiert (augenblicklich gibt es fast 11.000 palästinensische Gefangene, viele davon seit Jahrzehnten ohne Anklage).

Der illegale Siedlungsbau auf gestohlenem palästinensischem Land hält ununterbrochen an und die palästinensische Bevölkerung ist in voneinander isolierten Bantustans auf nur noch der Hälfte des Westbank-Territoriums zusammengedrängt. Doch nicht genug damit, hat Israel durch ein System von Abriegelungen, Belagerungen, Ausgangssperren, Straßenblockaden und Checkpoints die Bewegungsfreiheit der Palästinenser in ihrem eigenen Land drastisch eingeschränkt. Schließlich wird seit Juli 2002 in der Westbank auf
palästinensischem Land die "Mauer", eine riesige Sperranlage, gebaut, mit dem Ziel, die großen Siedlungsblöcke und das Jordantal dem israelischen Staatsgebiet einzuverleiben und neue Grenzen für Israel zu ziehen. Dadurch ist diese Mauer eine Apartheidmauer.


All das ist schon seit langer Zeit allgemein bekannt und die vielbeschworene Internationale Gemeinschaft trägt einen großen Teil der Verantwortung für diese Völker- und Menschenrechtsverletzungen. Angeführt von den USA, haben weltweit zahlreiche Regierungen die israelische Besatzungs- und Boykottpolitik aktiv unterstützt. Proteste im
UN-Sicherheitsrat wurden mit dem Veto der USA belegt. Andere Regierungen haben schweigend zugesehen oder viel zu leise und zögerlich ihre Stimme erhoben, und zu diesen Ländern gehört leider auch Österreich, in erster Linie das offizielle Österreich, seine Regierung und seine Parlamentarier, und deshalb wenden wir uns heute, an diesem Jahrestag der Schande, an Sie, sehr geehrte Frau Mag. Prammer, in Ihrer Eigenschaft als Präsidentin des Nationalrats, um Sie zu ersuchen dahingehend einzuwirken, dass endlich
dieses Messen mit zweierlei Maß aufhört und dem palästinensischen Volk endlich diejenige Unterstützung zuteil wird, auf die es als von Israel unterdrücktes Volk ein Anrecht hat und die auch allen anderen unterdrückten Völkern sehr wohl zugestanden wird, und dass endlich auf Israel entsprechend Druck ausgeübt wird, UN-Resolutionen und IGH-Erkenntnisse zu befolgen, so wie man das von österreichischer Seite in allen anderen
Fällen auch macht.

Österreich muss endlich aufhören Palästina mit anderen Maßstäben zu messen
als die übrige Welt! Ein solches Vorgehen ist einer Demokratie unwürdig.

Wir verstehen, dass jedwede Kritik an Israel besonders seitens Österreichs und Deutschlands aus historischen Gründen leichtfertig und bewusst als "antisemitisch" abgetan wird. Es muss aber doch klar unterschieden werden zwischen der Politik und den Maßnahmen Israels gegenüber der palästinensischen Bevölkerung, die das Land seit vielen Jahrhunderten bewohnt, und dem Judentum als solches. Dies wird häufig von den jeweiligen israelischen Regierungen bewusst verbunden, wogegen wir uns wehren. Die
palästinensische Bevölkerung ist an dem, was in Europa Juden zugefügt wurde, völlig schuldlos, zahlt aber dafür den allerhöchsten Preis – den Verlust ihres Landes und ihrer Freiheit.

mit vorzüglicher Hochachtung,


Tina Salhi
für "Frauen in Schwarz (Wien)"
www.fraueninschwarz.at


Samuel Welber
"Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost (Österreich)"
www.nahostfriede.at

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